Watch Me – Sex Sells: Rezension

Am heutigen 2. Juni ist der internationale „Hurentag“ – an diesem kämpfen Sexarbeiter:innen weltweit für ihre Rechte. Ein guter Zeitpunkt, um sich eine aktuelle Serie der ZDF-Mediathek mal genauer anzusehen: Seit dem 12. Mai kann man dort die „Instant-Serie“ WATCH ME – SEX SELLS nämlich bereits sehen.

Hier geht’s zum Trailer: https://youtu.be/Bl6uV3Zw8Zk
Einbettung aus Altersschutzgründen nicht möglich…

Darum geht es in WATCH ME – SEX SELLS

Körperaktivistin und Sexarbeiterin Malaika findet das nur fair. Endlich profitiert sie finanziell von der Sexualisierung, der sie ohnehin täglich ausgesetzt ist. Nun kann sie wenigstens die Spielregeln selbst bestimmen. Doch schnell wird für sie klar, dass eine Abgrenzung vom Mainstream gar nicht so einfach ist.

Auch für Toni ist die Plattform zuerst eine Verheißung. Die alleinerziehende Mutter genießt es, die Lust an ihrer Weiblichkeit und ihrem Körper wiederzuentdecken und dabei auch noch ihr mickriges Gehalt aufstocken zu können. So unkompliziert bleibt es leider nicht lange. Ihren vermeintlich so offenen Freunden ist das eindeutig zu vulgär. Dildopartys: Ja! Bezahlte Nacktbilder: Auf keinen Fall! Das Paar Tim und Josh verfolgt hingegen ganz klare Karriereziele auf „WatchMe“. Doch wie lang kann ein Paar funktionieren, wenn Privat- und Arbeitsleben so eng miteinander verknüpft sind?

Meine Kritik zur „Instant-Serie“

Erstmal: was ist bitte eine Instant-Serie? Habt ihr Wasser drauf geschüttet und dann war sie da? 

Wer feuchtfröhliche, kinky Unterhaltung sucht, ist hier eher falsch. Die Serie beleuchtet drei verschiedene Personen und deren Weg in der Sexarbeit. Wobei natürlich auch das Thema aufgegriffen wird: häh? bin ich jetzt eine Sexarbeiterin, nur weil ich sexy Bilder zu Geld mache?

Diese Frage lässt sich an der Stelle nur mit einem klaren Ja beantworten. Bist du. Und das ist vollkommen ok so. Doch leider haben viele Menschen so ein durch und durch patriarchalisch-geprägtes Negativbild von der niederträchtigen Dirne, sodass man sich damit zunächst nicht so recht identifizieren will. Aber das solltet ihr. Und umso wichtiger und schöner wäre es auch, wenn alle, die über OnlyFans und Co. was dazuverdient haben, auch am Hurentag mit auf die Straße gingen. Denn ja, dort geht es auch um euch.

Ich schweife ab. Zurück zur Serie: Also konkreten Sex seht ihr hier nur im TV-typischen Andeutungsmodus. Denn der Sex steht nicht Fokus. Es geht um die Menschen und ihre Beweggründe. Da wir hier im Bereich fiktionale Serie sind, wird dabei natürlich eine Story konstruiert, die leider nicht ganz ohne Klischees auskommt.

So sind die Charaktere Tim und Toni aus ärmeren Verhältnissen: Toni, die arme alleinerziehende Mutter. Tim, der Schüler, der von den Eltern herausgeschmissen wurde. Malaika, auf der anderen Seite ist eine POC. Minderheiten-Hattrick erfüllt.

Gute Unterhaltung an der Oberfläche

Alles in allem liefert WATCH ME – SEX SELLS gute Unterhaltung, die Sexarbeit weder glorifiziert noch verteufelt. Was ich mir gewünscht hätte, wäre, wenn DriveBeta, die zum Funk-Netzwerk gehörenden Produzenten, nicht nur intensiv mit eine:r Intimitätskoordinator:in und dem Jugendschutz – sondern auch mit Sexarbeiter:innen zusammengearbeitet hätten. Meine Anfragen auf ein Interview, weitere Informationen oder schlicht konkret die Frage danach wurden allesamt gelesen, aber nicht beantwortet. Falls ihr das hier nun lest und etwas richtig stellen wollt, freue ich mich aber über eine Meldung!

Die dargestellten Arbeitsbereiche entsprechen im Wesentlichen der Realität – beziehungsweise möglicher Realitäten. Denn gerade der Bereich der digitalen Sexarbeit ist unfassbar vielfältig. Aber wenn wir schon so realitätsnah sind, hätte ich mich auch über praxisnahe Themen gefreut: Gewerbeanmeldung z.B. – die sollte man nämlich nicht vergessen 😉 

Aber letzten Endes möchte WATCH ME – SEX SELLS ja vor allem unterhalten. Und das tut es ganz gut. Die sechs Folgen zwischen 15 und 20 Minuten lassen sich gut wegbingen. Die Darsteller:innen machen einen guten Job. Man fühlt mit ihnen mit und wünscht ihnen das Beste. Es ist auch einfach eine wirklich willkommene Abwechslung eine realitätsnahe Darstellung von Sexarbeit ohne tiefe Wertung zu sehen. Das gibt es nämlich immer noch viel zu wenig. 

Ebenso willkommen ist die Art der Darstellung: dabei wurde bewusst darauf geachtet, den „Male Gaze“ zu vermeiden. Das bedeutet, dass die Personen nicht bis ins Groteske sexualisiert werden. Die Charaktere sind zudem normale Menschen wie ich und du. Damit kann man sich identifizieren. Das normalisiert das Thema. Und das zeigt, dass gerade in der aktuellen Zeit nicht mehr nur die typischen Model-Schönheiten in der Branche tätig sind, sondern sich mit der Zeit auch einfach die Nachfrage geändert hat. Denn die Kund:innen am anderen Ende sind mindestens genauso vielfältig wie die Anbieter:innen. 

Fazit: solide 7 von 10 Punkten

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