SERIEN-REVIEW: VINYL

Bei den klangvollen Namen, die an diesem Projekt kleben – HBO, Martin Scorsese, Mick Jagger, Terence Winter („Boardwalk Empire“) – war die Erwartungshaltung entsprechend hoch.

Nach 10 Folgen bin ich ein wenig ernüchtert.

Schauspielerisch und regietechnisch gibt’s nix zu meckern, aber was das Drehbuch und die Handlungsstränge im allgemeinen angeht, leider schon. Irgendwie wirken die Figuren immer ein wenig wie aus der Geschichte gefallen, die Serie benutzt ein Klischee nach dem anderen. Vor allem die Drogen- und Alkoholexzesse des Hauptdarstellers Bobby Cannavale aka „Richie Finestra“ wirken bemüht und unecht. Ich war mehrfach versucht laut auszurufen:

Ist ja gut jetzt, wir haben’s alle verstanden, der Typ ist ein funktionierender Junkie”!

Der Großteil der Geschichten funktioniert nach einer immer gleichen Formel und ist zu oft vorhersehbar. Das Level an Humor gefällt mir dagegen gut.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Serie all den Glamour, all diese gestelzte Coolness irgendwann abstreift und ungekünstelt, roh und gewaltig daherkommt. Das betrifft vor allem die Szenen, in der die Nachwuchsband “The Nasty Bits” zu sehen ist.

Alles in allem hatte ich das Gefühl, dass immer dann, wenn die Geschichte gewaltig am Schwanken ist, es vor allem die Musik aus der Ära ist, die der Serie ein ums andere Mal den Arsch rettet, während der Rest in Nostalgie versinkt und das inhaltliche Vakuum zutage tritt.

Kurz und knapp: Gut, aber nicht gut genug.

Ergo, Alarmstimmung bei HBO.

Dazu passt, daß Terence Winter bereits als Showrunner abgelöst wurde – obwohl die Serie direkt nach Ausstrahlung des Piloten, grünes Licht für die 2. Staffel bekommen hat.

Die Tatsache, daß jemand wie Terence Winter, der von Anbeginn so stark in die Entwicklung der Serie involviert war, den Stiefel bekommen hat, lässt die Vermutung aufkommen, dass HBO einen Erfolg im Bereich des Top-Budget-Drama bitter nötig hat. Für HBO steht viel auf dem Spiel, denn neben dem Zugpferd „Game of Thrones“ ist keine weitere TV Serie in Sicht, die von den Einschaltquoten auch nur annähernd mithalten kann.

„True Detective“ schickte sich an, in die Fußstapfen von GoT zu treten, versagte dann aber leider auf ganzer Linie in Staffel 2.

„The Leftovers“ ist großartig, anspruchsvoll und relevant, nur besetzen sie damit allerhöchstens einen Nischenmarkt, das Gleiche galt leider für die ebenfalls gute Serie „The Newsroom”.

“Veep“ und “Girls“ funktionieren, aber eben auch nur in der Nische und haben wesentlich geringere Produktionskosten.

All das ist symptomatisch für die Schwierigkeiten, die HBO seit 2011 im Drama Bereich hat. Verstärkt dadurch, dass Netflix, Amazon, AMC, Showtime und The FX mit einer exzellenten Drama-Serie nach der anderen um die Ecke kommen. Es erklärt, warum HBO so sehr auf Vinyl gesetzt hat, immerhin hat der unter Scorsese’s Regie entstandene zweistündige Pilot alleine 30 Millionen US-Dollar gekostet.

Ich hoffe, Vinyl bekommt in der zweiten Staffel die Kurve, das würde den exzellenten Schauspielern nur gerecht und versuche mich bis zum Start von “Westworld“ in Geduld zu üben, was mir unglaublich schwer fällt, denn bei diesem Thema liegen all meine Hoffnungen für eine herausragende neue HBO Serie.

FAZIT: 6/10

VINYL VON HBO – seit 8. April 2016 bei Anbietern wie Amazon, Google Play, Itunes, Maxdome, Sony, Wuaki und Xbox erhältlich

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