Review: ROAMERS – Follow your Likes

Digitale Nomaden. Ein Buzzword, das in den letzten Jahren immer häufiger aufgetaucht ist, wenn es um Arbeiten ging. Ich selbst arbeite im Online Marketing und damit in einem Bereich, in dem es völlig normal ist im Home Office oder als Freelancer zu arbeiten. Digitale Nomaden zählen ebenso dazu. Sie wohnen an den schönsten Orten der Welt und brauchen nichts weiter, als einen Laptop. Tolle Vorstellung oder?
Ob dem wirklich so ist und wie diese Menschen wirklich leben, ist Lena Leonhardt in ihrer Dokumentation „ROAMERS – Follow your Likes“ auf den Grund gegangen.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mein Instagram Feed ist voll mit Leuten, die aus dem „alltäglichen Leben“ ausgebrochen sind. Vanlife, Rundreisen und Backpacking dominieren meine Storys. Aber ist das Leben wirklich so schillernd und toll als Influencer?

In der Dokumentation lernen wir verschiedene Menschen kennen, die aus verschiedenen Gründen zu digitalen Nomaden oder Influencern geworden sind. Da wäre zum Beispiel Matt Bowles, der mit 30 gekündigt wurde und sich neu orientiert hat. Er leitet nun eine Immobilienfirma und das von überall auf der Welt – nur mit einem Handgepäckstück. Oder Jonna aus Deutschland, die erfolgreiche Managerin war, einen tollen Mann an ihrer Seite und eigentlich alles hatte – sie war nur nicht glücklich. Nun bloggt sie von ihrem eigenen Boot aus und dreht YouTube Videos. Ganz anders sind dagegen Kim und Paolo. Sie haben sich bei IBM kennengelernt und drehen nun zugeschnittene Pornos nach einer Art Baukastensystem. Im Laufe der Dokumentation lernen wir auch den Harvard Absolventen Nas kennen, der einen Job bei PayPal gekündigt hat, um jetzt jeden Tag ein 1-Minuten-Video für Facebook zu drehen.

Alle diese Personen haben für mich eines gemeinsam: sie hatten alle einen guten Job, waren erfolgreich – quasi schon auf der Überholspur. Und alle unsere Protagonisten versuchen jetzt die maximale Freiheit zu erreichen. Maximal frei sein, in allem was man tut. Das ist die Quintessenz eines digitalen Nomaden. Bloß kein Nine-to-Five Bürojob. Jonna sagt in einem Interview, dass die Gesellschaft einem weis machen möchte, dass man erst im Rentenalter Anspruch auf seine Lebenszeit hat und diese zur freien Verfügung nutzen kann. Vorher wird gelernt und gearbeitet. Und irgendwie hat sie ja auch Recht.

 

Zwischendurch wird häufig ein Kontrast gezeigt. Einheimische Senioren, die ihr Dorf nie verlassen haben, weil sie es nicht wollten. Es hat sie nicht gereizt, sie sind glücklich. Gegenüber stehen ihnen Kim und Paolo, die die Welt bereisen und nicht stillstehen. Sie bereisen die Welt und haben nicht vor, damit aufzuhören.

A quick reminder, that social media is fake

Die Doku zeigt vor allem digitale Nomaden, die ihr Leben mit der Außenwelt teilen, sich selbst vermarkten und damit ihr Geld verdienen. Ich muss also als digitaler Nomade, laut der Dokumentation, auch irgendwie bereit sein, mein Leben nach außen zu tragen und mit mir selbst Geld zu verdienen. Ich finde es schade, dass sie keinen „normalen“ Freelancer im Ausland gezeigt haben, denn damit hätte ich mich sicher eher identifizieren können.

Ist es nicht ziemlich egoistisch, nur an das eigene Glück zu denken, ohne Rücksicht auf Verluste, wie Familie, Ehepartner oder Freunde? Als Influencer, Blogger, YouTuber. Ist man dadurch wirklich freier? Oder ist der Druck immens höher? Ist die Angst zu versagen und zu fallen nicht höher? Fragen, die ich mir während der Dokumentation gestellt habe. Und auch danach beschäftigen sie mich noch.

Denn Jonna lässt genau das anklingen. Social Media hat uns verändert. Postet jemand über sein Leben und meldet sich einige Wochen nicht, verschwinden Follower, Likes und Engagement. Diese bringen dir als digitaler Nomade aber dein Einkommen. Und wenn sie deinen Content nicht mehr mögen oder du nicht mehr angesagt bist, verlierst du bares Geld. Der Druck abzuliefern ist also immer gegenwertig. Man arbeitet nicht nur 8 Stunden, sondern rund um die Uhr. Also Leute, diese ganzen Bilder, die wir auf Instagram sehen, die so happy aussehen und die uns neidisch machen: viele sind keine Momentaufnahmen, sondern die hundertste Aufnahme mit dem iPhone, um dem Druck der Community stand zu halten. Es ist ein Business.

Generation Heiratsunwillig

Was ebenfalls oft fällt, ist das Thema heiraten und Kinder bekommen. Die Generation der digitalen Nomaden sucht nach maximaler Freiheit. Bindungen, wie eine Hochzeit, kommen nicht in Frage. Der Glaube an Liebe scheint ebenfalls verloren, lediglich das eigene Glück, der eigene Zustand steht im Vordergrund. Ein Phänomen, was ich in meiner Generation im Alltag auch beobachte. Mit meinen 24 Jahren kenne ich einige Bekannte und Freunde, für die heiraten oder Kinder kein Thema sind. Und ich denke auch, dass die Dokumentation damit den Zahn der Zeit trifft, denn die Genration nach mir, so fühlt es sich zumindest an, wollen alle flexibel bleiben, sich nicht binden und das Maximum aus ihrem Leben herausholen. Und zwar nicht durch eine Führungsposition, sondern durch Reisen, Blogging und Influencer Karrieren.

Fazit

Abschließend sind aber alle diese gezeigten Menschen absolut glücklich in ihrem Digital Nomad Leben. Sie hatten den Mut, diesen Schritt zu wagen, sich selbst zu verwirklichen und aus den starren gesellschaftlichen Regeln auszubrechen.

Die Dokumentation von Lena hat mir wieder einmal gezeigt, dass es viele Wege gibt glücklich zu sein. Ob nun als Angestellte in einem Büro oder als digitaler Nomade. Wir alle müssen unseren eigenen Weg finden und den kann uns nun mal niemand vorgeben, auch nicht die Gesellschaft.

Wer sich gerne mit Gesellschaftsthemen und Social Media beschäftigt, für den ist dieser Film auf jeden Fall sehenswert. Allerdings zieht es sich an manchen Stellen und könnte auch einige positive Vibes mehr vertragen für meinen Geschmack.

6 von 10 Social Media Herzen

ROAMERS – Follow your Likes läuft seit dem 22. Juli 2021 in Deutschland.

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