Review „Justice League“: Teambuilding am Reißbrett

Von Christian Schmidt

Bruce Wayne will die Band wieder zusammenbringen. Nachdem Superman im Showdown von „Batman v Superman: Dawn of Justice“ das Zeitliche gesegnet hat, gilt es die Lücke zu füllen, die der gottgleiche Mann aus Stahl (bzw. der einfache Bauernjunge aus Kansas) für die Welt hinterlassen hat. Als Batman ganz zufällig bei einem seiner nächtlichen Einsätze über eine geflügelte Gestalt am Himmel stolpert, die ganz bestimmt nicht von dieser Welt stammt, schwant ihm nichts Gutes – eine Bedrohung kosmischen Ausmaßes scheint unmittelbar bevorzustehen, die mit vereinten Kräften abgewendet werden muss. Denn die Zeit drängt: Diana Prince alias Wonder Woman klärt den dunklen Ritter mithilfe einer mythischen Hintergrundgeschichte mit reichlich Fantasy-Anleihen darüber auf, was es mit den drei sogenannten „Motherboxes“ auf sich hat. Der bald auftauchende Bösewicht Steppenwolf plant, diese Hochleistungsmaschinen den Amazonen, dem Unterwasserreich Atlantis und der Menschheit zu entreißen, um seine finstere Herrschaft auf der Erde zu errichten. Also wird schnell versucht, die anderen sogenannten „Meta Humans“ zusammenzutrommeln – Cyborg, Aquaman und den Flash –  deren Existenz ja bereits auf Lex Luthors Computer in „Dawn of Justice“ fein säuberlich dokumentiert war. Kurz darauf beginnt auch schon die kuriose Achterbahnfahrt, in der sich das altbekannte Erzählmuster „Kosmischer Finsterling will Welt unterjochen“ abspielt.  

Bis hierhin bietet „Justice League„, der zum größten Teil von DC-Veteran Zack Snyder gedreht und von „Avengers„-Regisseur Joss Whedon beendet wurde, wahrlich nichts Neues. Er scheint sogar alte Fehler zu wiederholen: Das Superhelden-Team und der Motherbox-Plot scheinen die altbewährte Marvel-Formel zu kopieren. Drei Origin-Stories mit jeweils austauschbarem psychologischen Kindheitskram sollten eigentlich – wie schon bei „Suicide Squad“ – drei Origin-Stories zu viel sein. Die sperrig aufgestülpte Backstory, die auf konfuse Weise an „Herr der Ringe“ erinnert und mit einem gesichtslosen Oberbösewicht aufwartet, verdient eigentlich keinen weiteren Kommentar. Und es dürfte wirklich niemand daran gezweifelt haben, dass die vermutlich größte Ikone des Mediums Comic auch hier seinen Platz auf der Kinoleinwand beansprucht und sein angeblicher Tod im letzten Film sich nur als ein Spiel mit gezinkten Karten entpuppt.

Vieles, was wir hier zu sehen bekommen, ist also vorhersehbar und nicht sonderlich clever. Merkwürdigerweise ist nun aber das, was das Kino-Date mit Wonder Woman, Batman, Superman, dem Flash, Aquaman und Cyborg dann doch zu einem ganz unterhaltsamen Zeitvertreib macht, eine in Superhelden-Filmen viel zu selten anzutreffende Qualität: Bescheidenheit. Der Film weiß, was er ist  – und versucht nicht, seine Zuschauer für dumm zu verkaufen. Das heißt, dass das Pathos, das die beiden letzten Superman-Filme vollkommen verkleistert hat, auf eine recht annehmbare Dosis reduziert wird. Natürlich werden immer noch hohle Phrasen über Supermans Inspirationskraft und Symbolhaftigkeit gedroschen, die keinen emotionalen Widerhall finden – aber der Film aalt sich nicht mehr selbstgefällig und voller Ernsthaftigkeit im vor sich hin triefendem Heldentum. Das heißt auch, dass der Film nicht krampfhaft versucht, ärgerliche narrative Gimmicks aus dem Ärmel zu schütteln („MARTHA!“) und diese mit stumpfen CGI-Bombast zu übertünchen. Dankenswerterweise bleibt der Film im Wesentlichen ein Aufeinandertreffen von gut geschriebenen Actionfiguren, die alle unterschiedliche Eigenschaften haben und die sich damit zu irrwitzigen Szenen kombinieren lassen. Hierin liegt die größte Stärke des Films: Es geht nicht so sehr darum, weshalb sich das Team zusammenfindet und ob es ihnen gelingen wird, das Ende der Welt zu verhindern, sondern wie das Zusammentreffen eines sichtlich genervten aber von Pflichtgefühl geplagten Fledermausmannes, einer göttlichen Amazone, eines Dreizack-schwingenden Wassermanns, eines blitzschnellen Nerds und eines Robo-Teenagers vonstatten geht. Dabei ist es ein geradezu kindliches Vergnügen, dabei zuzusehen, wie Batman (Ben Affleck), der lakonisch seinen Reichtum als seine Superkraft bezeichnet, seinen Greifhaken zu seiner vielseitigsten Allzweckwaffe macht und mit seinem Wingman Alfred nie gesehene Vehikel aus dem Fuhrpark zaubert. Aquaman (Jason Momoa), der sich zu Rock’n’Roll-Klängen mit einer auf Ex geleerten Flasche Bourbon in die eiskalten Meeresfluten stürzt, ist so großartig, dass man sich wesentlich mehr solcher Momente wünscht. Cyborg (Ray Fisher) liefert in all der Kürze seiner Auftritte einen überraschend überzeugenden „Phantom der Oper“-Verschnitt ab. Der Flash (Ezra Miller) sorgt als verlässlicher, chronisch unterzuckerter Labersack für die nötige Dosis Comic Relief. Und Wonder Woman (Gal Gadot) mit ihrer No Bullshit-Attitüde bewährt sich, wie nicht anders zu erwarten, auch in ihrem dritten Kinofilm ein weiteres Mal.

Das alles muss man bestimmt nicht mögen. Aber bei all seiner Reißbrettartigkeit grenzt es schon an ein Wunder, dass einem der Film nicht vollkommen auf die Nerven geht. Denn das tut er nicht. Im Gegenteil: „Justice League“ ist ein Film, der funktioniert, in seinen besten Momenten auf unbeschwerte Weise unterhält und nicht versucht, einem ein künstlich aufgeblähtes Drama epischen Ausmaßes unterzujubeln. Dabei ist es trotzdem schade, dass er an einigen Stellen Potential verschenkt und sich nicht traut, mehr aus seinen Figuren zu machen oder Neues auszuprobieren – sowohl Supermans Entwicklung, Lois Lane und leider auch J.K. Simmons‘ Commissioner Gordon hätten deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient – was aber in Anbetracht des zufriedenstellenden Gesamtpakets gerade noch verschmerzbar ist.

Fazit: 7 / 10 in Zeitlupe fliegende Batarangs

Regie: Zack Snyder
Darsteller: Ben Affleck, Henry Cavill, Gal Gadot, Jason Momoa, Ezra Miller, Ray Fisher
Ab 16. November 2017 im Kino

 

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