Wer kennt es nicht: Effizienzoptimierungen im Konzern und schwups ist man gekündigt. Als dieses Schicksal aber den Tod ereilt, weiß die Göttin nicht so recht damit umzugehen. Unten, in der Welt der Lebenden, versucht sie jetzt den Grund für ihre Kündigung aus dem Weg zu schaffen. So die Grundstory der Graphic Novel THE MANY DEATHS OF LAILA STARR. Diese erschien Ende letzten Jahres bei Cross Cult. Ich hab mir den Band für euch mal angeschaut.
Darum geht es in THE MANY DEATHS OF LAILA STARR
Die Menschheit steht kurz davor, die Unsterblichkeit zu entdecken – was bedeuten würde, dass der Avatar des Todes ihren Job los ist … oder? Dank ihrer unerschöpflichen Bemühungen steht die Menschheit an der Schwelle zum ewigen Leben. Als Konsequenz dessen wird der Avatar des Todes auf die Erde entlassen. In Mumbai soll sie ein sterbliches Dasein als Laila Starr, eine junge Frau Mitte zwanzig, führen. Nicht willens, sich mit ihrer neuen Sterblichkeit abzufinden, ist es Laila jedoch gelungen, sich an genau den Ort und Zeitpunkt der Geburt derjenigen Person zu begeben, die das Geheimnis der Unsterblichkeit entschlüsselt. Wird sie die Gelegenheit ergreifen, die Menschheit davon abzuhalten, den Kreislauf des Lebens auf ewig zu ändern, oder wird der Tod tatsächlich bald der Vergangenheit angehören?
Eine eindrucksvolle neue Graphic Novel von dem mit dem Eisner-Award ausgezeichneten Autor Ram V (These Savage Shores, Swamp Thing) und Zeichner Filipe Andrade (Captain Marvel), die den schmalen Grat zwischen Leben und Sterben durch die Linse des magischen Realismus betrachtet.
Arbeitslosigkeit ist ein hartes Pflaster
Der Grund für die Umstrukturierungsmaßnahmen hat einen Namen. Das Baby, welches eines Tages für die Unsterblichkeit sorgen soll, heißt Dario. Die Geschichte von THE MANY DEATHS OF LAILA STARR folgt jetzt diesem Band, welches Dario und die als Laila Starr reinkarnierte Gottheit Tod über die Jahrzehnte verbindet. Dem Namen des Comics getreu kommt es dabei immer wieder zum frühzeitigen Ableben von Laila. Glücklicherweise hat sie da ja noch Connections nach ganz, ganz oben und bekommt so mehr als eine weitere Chance.
Diese Chancen nutzt Laila dabei einerseits ihrem Ziel zu folgen (wir erinnern uns: Sie will ihren Job zurück), aber andererseits auch dazu, um sich mal dieses menschliche Leben etwas genauer anzusehen. Und diese Reise verändert den Tod nach und nach. Dabei spielen irdische Gelüste wie Sex, Drugs and Rock’n’Roll jedoch nicht die einzige Rolle. Denn Lailas Begegnungen mit Dario und einigen anderen Wegbegleitern prägen sie zunehmend und vermitteln ihr, dass was für sie einfach nur ein Job war, für die Menschheit ein deutlich härteres Pflaster ist.
Die indische Kultur und ihr Umgang mit dem Tod spielt dabei auch eine wichtige Rolle. So vermittel THE MANY DEATHS OF LAILA STARR auch, dass der Tod nicht das Ende ist. Denn (idealerweise) bleibt da etwas zurück, in der Erinnerung derer, die man zurücklässt.
Unsterblichkeit, bestellt auf Wish
Ich will jetzt nicht zu viel spoilern, aber die angepriesene Unsterblichkeit entpuppt sich am Ende nicht so ganz als das, was „die da oben“ sich erhofft haben. Grundsätzlich lässt die ganze Vorgehensweise eher Fragen offen. Gott kündigt den Tod, weil ein Baby geboren wird, welches irgendwann mal Unsterblichkeit erfindet? Ok, aber was ist bis dahin? Warum kündigst du sie nicht erst, wenn die Unsterblichkeit zumindest die Beta-Tests bestanden hat und für den Release bereitsteht? Wirklich effizient erscheint dieses Management eher nicht (also ganz wie im realen Business-Leben).
Am Ende ist es aber so, dass selbst Laila durch ihre Reise so gewandelt ist, dass sich ihre Pläne wandeln. Für mich ist der Kern von THE MANY DEATHS OF LAILA STARR die Erkenntnis, dass das, was man kurzfristig will, nicht immer das ist, was sich am Ende richtig anfühlt. Das Ziel sich ändern können, und ein Weg selten geradlinig verläuft.
Fazit
Die Graphic Novel THE MANY DEATHS OF LAILA STARR liest sich entspannt an einem Abend und lässt einen in eine wundersame Welt voller indischer Farbintensität und Mystizismus abtauchen. Die Zeichnungen von Filipe Andrade sind wunderschön. Mit seinen ellenlangen Gliedmaßen erinnern sie streckenweise an die Manga meiner Kindheit. Sailor Moon hatte schließlich auch Beine, die länger sind, als ich insgesamt groß bin. Aber dieser surreale Stil unterstreicht dabei nur wunderbar, dass wir hier zwar mit einem fundamental menschlichen Konflikt zu tun haben, diesen aber auf göttlicher Ebene betrachten.
Für mich ein wirklich rundum tolles Buch, welchem ich gerne 8,5 von 10 Punkten gebe!
THE MANY DEATHS OF LAILA STARR von Autor Ram V und Zeichner Filipe Andrade erschien im Cross Cult Verlag und ist für 25 Euro überall da erhältlich, wo es was zum Schmökern gibt!
Bildrechte: © Ram V, Filipe Andrade / CrossCult Verlag