Zoe Thorogood sieht normschön aus, hat erfolgreich einen Comic veröffentlicht und schreibt grad am nächsten. Eigentlich alles knorke da im Mittelpunkt der Erde. Nur irgendwie ist es einsam dort. Ihr einziger, ewiger Begleiter: die Depression. [Triggerwarnung: in dieser Graphic Novel geht es um Depressionen und Suizidgedanken, wenn euch diese Themen belasten, dann passt bitte auf euch auf und überlegt, ob ihr weiterlesen möchtet!]
Darum geht es in IT’S LONELY AT THE CENTRE OF THE EARTH
Zoe Thorogood (The Impending Blindness of Billie Scott, Rain) zeichnet sechs Monate ihres eigenen Lebens auf, während es auseinanderfällt. Sie versucht verzweifelt, es auf die einzige Art und Weise, die sie kennt, wieder zusammenzusetzen. It’s Lonely at the Centre of the Earth ist ein intimer und metanarrativer Einblick in das Leben einer egoistischen Künstlerin, die um ihr eigenes Überleben kämpfen muss.
Eine ergreifende und originelle Darstellung des Kampfes einer jungen Frau mit ihrer psychischen Gesundheit – durch die Höhen und Tiefen von Angstzuständen, Depressionen und dem Impostersyndrom – während sie eine vielversprechende Karriere in der Comicbranche anstrebt und auf diesem Weg sich selbst findet.
„Die Titanic ist auch nur berühmt, weil sie untergegangen ist“
Die Graphic Novel IT’S LONELY AT THE CENTRE OF THE EARTH ist kein Sachbuch, keine Beschreibung depressiver Episoden, keine Handlungsempfehlung. Stattdessen ist es ein Einblick ins tiefste Innere einer Person, welche regelmäßig darüber nachdenkt, ihr Leben zu beenden.
Das ist keine leichte Unterhaltung und vielleicht wird das Buch entsprechend auch nicht jeden ansprechen. Man sollte sich in jedem Fall gut überlegen, ob man sich diesem Thema widmen möchte. Vielen Menschen gibt es Kraft, zu wissen, dass sie nicht alleine sind. Andere belastet es umso mehr, diese Gefühle, die man selbst auch hat aufgeschrieben zu sehen.
Die Autorin versucht kein Vorbild zu sein oder irgendeine Moral zu finden. Zwar endet ihre Geschichte (Spoiler) zwar auf einem positiven Ton, aber dieser drängt sich dabei nicht auf. Sie belehrt nicht. Sie berichtet nur. Und dieses Berichten ist sicherlich etwas, das viele depressive Personen aus der Therapie kennen. Aufschreiben hilft beim Wahrnehmen. Dieses Buch hilft Zoe (hoffentlich) genauso, wie es anderen Lesenden hilft. Auch wenn es entschieden kein Selbsthilfebuch ist.
Fazit: Fadenlos und doch verworren
IT’S LONELY AT THE CENTRE OF THE EARTH folgt nur einem sehr losen Plot. Der Mangel dessen wird sogar thematisiert. So sucht Zoe ständig nach dem Faden und verliert ihn doch regelmäßig wieder. Das macht das Lesen streckenweise etwas frustrierend, da man als simpel gestrickte:r Leser:in doch etwas strukturbedürftig ist. Aber Struktur ist das Gegenteil von Chaos und um den Gott des Chaos geht es hier schließlich.
Der Zeichenstil von Thorogood ist schön und gruselig zugleich. Es sind schöne Bilder. Man möchte es mögen. Aber gleichzeitig macht einem der Inhalt auch Angst. War es mutig, dieses Buch zu schreiben und zu veröffentlichen? Oder war es alternativlos, weil diese Gedanken aus Thorogood hinaus mussten? Sie selbst sagt auf dem Backcover: „Dieses Buch sollte nicht existieren“. Dass es das trotzdem tut, sehe ich als Geschenk.
Dafür 10 von 10 Punkten (trotzdem weiterhin mit expliziter Triggerwarnung!)
Wichtiger Disclaimer: Das Schreiben dieses Buches konnte Zoe Thorogood helfen. Ihrem Bruder leider nicht. Er fiel seiner Depression zum Opfer. Das darf sich nicht wiederholen. Wenn es dir nicht gut geht, dann such dir bitte Hilfe. Du bist nicht alleine, und irgendjemand will dich auf jeden Fall weiterhin im Zentrum seiner oder ihrer Erde wissen.
Hilfe bekommst du unter anderem hier:
Telefonseelsorge, bundeseinheitliche Nummer: Tel. 116 123
Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche: Tel. 116 111
Nummer gegen Kummer für Eltern: Tel. 0800 – 111 0 550
IT’S LONELY AT THE CENTRE OF THE EARTH von Zoe Thorogood erschien im CrossCult-Verlag und ist für 25 Euro überall da erhältlich, wo es was zum Schmökern gibt!
Bildrechte: © Zoe Thorogood / CrossCult-Verlag