ISLE OF DOGS – ATARIS REISE: Interview mit Production Supervisor Angela Poschet

Angela Poschet ist als Production Supervisor eine der Macherin von ISLE OF DOGS – ATARIS REISE. Wir hatten die Möglichkeit, mit ihr über ihre Arbeit für Regisseur Wes Anderson zu sprechen. Hier das Interview in voller Länge…

Was können wir uns hinter dem Titel Production Supervisor anhand von ISLE OF DOGS vorstellen? Was beinhaltet ihre Job-Description?

Als Production Supervisor habe ich an ISLE OF DOGS sehr eng mit dem Producer Jeremy Dawson und dem Line Producer Simon Quinn zusammengearbeitet. Im September 2014 wurde ich erstmal von dem Producer kontaktiert und habe somit erfahren, das Wes Anderson seinen zweiten Stop-Motion Featurefilm in Europa machen möchte. Im Februar 2015 habe ich als einer der ersten das Drehbuch gelesen mit der Zielsetzung einen ersten Produktionsplan, Asset Breakdown (Anzahl von zu bauenden Sets und Puppen)  und ein erstes Budget zu erstellen. Im August 2015 war das Animatic fertig, worauf ich den AssetBreakdown nochmals angepasst habe. In meiner Position als Production Supervisor habe ich die Breakdown Meetings geleitet. In diesen BD-Meetings wurde vorab im Team jede Sequenz (Shot by Shot) in Hinsicht auf die Realisierung besprochen,  d.h. alle Head of Departments  aus den folgenden Abteilungen waren anwesend: Animation, Kamera, VFX, Setbau, Puppenbau, 2D Animation. Basierend auf meinen Drehplan habe ich den Puppenbau- und Setbau-Schedule erstellt, um sicher zu stellen das die entsprechenden Puppen und Sets rechtzeitig zum geplanten Drehtermin im Studio sind. Hierzu war es notwendig wöchentliche Meetings mit den Leitern und deren Assistenten der jeweiligen Abteilungen zu installieren, um sicher zu stellen, dass der Baufortgang auch entsprechend den Lieferterminen gewährleistet wird. Darüber hinaus musste natürlich auch sicher gestellt werden, das die Dreharbeiten laufen und die wöchentlichen Targets erreicht werden. Dafür war der 1. AD (Assistant Director)  zusammen mit dem 2.AD und 2-3 3.AD und Studiorunner verantwortlich. Dafür waren tägliche Meetings installiert sowie wöchentlich um die folgende Woche zu planen.

Alles in allem ist eine sehr engmaschige Planung und Kontrolle notwendig .

Die Drehzeit in London betrug 87 Wochen, die gesamte Produktionszeit in London war von September 2015 bis März 2018. Um einen optimalen Produktionsablauf zu haben waren das  Drehstudio, der Set- und Puppenbau „unter einem Dach“ vor Ort in London.

Am Höhepunkt in der Produktionsphase waren ca 200 Crew mitglieder vor Ort in London, 44 shooting Units parallel am Drehen und ca 30 Animatoren (inklusive Assistenten).

Aus Ihrer Perspektive als Production Supervisor des Films: Was macht diesen Wes Anderson Film anders als andere Stop-Motion-Animationsfilme?

Die sehr große Anzahl der Assets die ISLE OF DOGS für gebaut wurden. Manche Sets und Puppen wurden nur für einen Shot mit einer Länge von 3 Sekunden gebaut.

Im Detail:

ISLE OF DOGS hatte 151 verschiedene menschliche Charaktere und 57 verschiedene Hunde-Charaktere. Um einen reibungsloser Dreh zu gewährleistet wurden 231 Puppen (inklusive Duplikationen) für die menschlichen Charaktere gebaut und 193 Hunde (inklusive Duplikationen) gebaut. Dazu kamen noch ca 400 Puppen, die als „Publikum“ gebaut wurden.

ISLE OF DOGS hatte 240 verschiedene Location/Sets .

An anderen Stop-Mo Filmen hat man einen Cast von 100 Charakteren und ca 80 Sets.

Wie können wir uns den Produktionsablauf vorstellen? Wie aufwendig ist alles?

Wie in allen Animationsprojekten ist der Produktionsablauf sehr langwierig – wie bereits erwähnt war die Produktionszeit drei Jahre. Daher ist es wichtig, dass alles genau VORAB geplant wird und nicht dem Zufall überlassen werden, kurzfristige Änderung können z.B. zu einer Verzögerung von bis zu 3 Monaten führen mit dem entsprechenden knock-on Effekten in anderen Abteilungen. Es ist ein sehr großer Dampfer der hier sorgfältig manöviert werden muss und kein speed-boat.

Wie wichtig ist es für die Hunde die richtigen Stimmen zu casten? Im Original tragen Scarlett Johansson, Edward Norton, Bill Murray, Bryan Cranston, Tilda Swinton, Jeff Goldblum, Yoko Ono, Frances McDormand, Greta Gerwig, Live Schreiber, Harvey Keitel etc. den Film…

In allen Animationsfilmen ist es wichtig die richtigen Schauspieler zu casten , da sie ja den jeweiligen Charaktere im Film die entsprechenden Eigenschaften geben. Bei den Sprachaufnahmen werden die Schauspieler gefilmt. Dies unterstützt und hilft dem Animator die Charakterentwicklung der Puppe zu gestalten und mit dem Typ spezifischen Eigenschaften! Die Animatoren sind hier die waren Künstler! Täglich stehen sie im dunklem Studio und hauchen einer leblosen Puppe frame-by-frame leben ein!

Für unsere Redakteure gilt ISLE OF DOGS  als Wes Andersons politischster Film bis jetzt. Er ist ein Beispiel dafür, wie Regierungen mit gezielter Berichterstattung und gefälschten Neuigkeiten, die Gedankenwelt und öffentliche Meinung der Bevölkerung beeinflussen kann. Propaganda, die an die Nazizeit in Deutschland erinnert. Wie sehen Sie das?

ISLE OF DOGS wurde von 2015 bis 2016 in Großbritannien mit einem europäischen/internationalen Team gedreht. 2016 war der Brexit, 2017 wurde Trump gewählt und Frankreich hat Macron gewählt. Und plötzlich hat man das Gefühl, wir drehen mit ISLE OF DOGS, was gerade politisch in der Welt passiert…

Meines Wissen nach hat Wes Anderson keinen politischen Film geplant.

Wir wissen nicht wie sich die politische Zukunft weiterentwickelt, aber in der Animationsbranche ist es wichtig, interdisziplinär und grenzüberschreitend zu arbeiten und keine Grenzen aufzubauen.

Der Film ist offensichtlich von japanischen Filmen wie zum Beispiel Ran & Seven Samurai beeinflusst. Auch sehe ich Einflüsse aus den Studio Ghibli Filmen. Ist das der Grund warum die Geschichte in Japan spielt?

Ja! Wes Anderson ist ein Verehrer von Akira Kurosawa, allerdings kenne ich nicht die genaue Entstehungsgeschichte, sprich den Drehbuchprozess und Festlegung des Drehortes von ISLE OF DOGS. Dazu müssten Sie Wes Anderson fragen.

Was ist in Ihren Augen die Hauptmessage von „Isle of Dogs“?

Immer offen und neugierig bleiben und keine Grenzen aufbauen

Haben Sie selber Hunde?

Nein.

Vielen Dank, Angela Poschet, für das Gespräch!

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