ISLE OF DOGS – ATARIS REISE: Interview mit Modell- und Requisitenbauer Simon Weisse

Simon Weisse ist Modell- und Requisitenbauer, der auf Miniaturformate spezialisiert ist. Wir hatten die Möglichkeit, mit ihm über seine Arbeit für Wes Anderson und ISLE OF DOGS – ATARIS REISE zu sprechen. Hier das Interview in voller Länge…

Was war Ihre Aufgabe als Modell- und Requisitenbauer für „Isle of Dogs“?

Ich war der Leiter des „Berlin Miniature Unit“ – dies kam nach der guten Zusammenarbeit des vorherigen Films von Wes Anderson „The Grand Budapest Hotel“ zustande. Im 3 Mills Studio in London, wo die Dreharbeiten stattfanden, wurden 200 Sets für die Animation gebaut; wir hatten den Auftrag um die 30 Sets herzustellen, auf denen keine oder wenig Animation stattfand, bzw. Stadtansichten, Landschaften und andere wichtige Bildkompositionen. Wir waren bis zu 15 freie Mitarbeiter, die mit ihrer Begabung monatelang für diese Miniatur-Sets gearbeitet haben.

Warum Modelle statt digitales Arbeiten am Computer? Wann ist Ihre Arbeit in Hollywood – und speziell in diesem Film gefragt?

Miniatur-Sets zu verwenden ist vor allem eine ästhetische und künstlerische Entscheidung des Regisseurs, der somit seine kreative Welt zeigen will und nicht unbedingt auf die Realität achtet – wie zum Beispiel bei „The Grand Budapest Hotel“. Bei ISLE OF DOGS – ATARIS REISE handelt es sich aber noch dazu um einen Animationsfilm, gedreht in Stop-Motion – komplex gebaute Puppen in digitalen Sets würden da nicht sinnvoll sein; da könnte ja man auch gleich alles in CGI herstellen, mit einer ganz anderen Ästhetik.

Auch vermischen sich ja immer wieder diese alten Techniken mit den heutigen und es gibt neuerdings wieder ein paar Regisseure, die Miniaturbauten für ihre Filme einsetzen. Ein gutes Beispiel wäre die neueste Version von Blade Runner, da hätte ich auch sehr gerne mitgemacht.

Aus Ihrer Perspektive als Modell- und Requisitenbauer des Films: Was macht diesen Wes Anderson Film anders als andere Stop-Motion-Animationsfilme?

Generell denkt man bei einem Animationsfilm im ersten Moment, es würde sich um einen Kinderfilm handeln – wenn dann noch Puppen dazu kommen, verstärkt sich dieser erste, oberflächliche Eindruck zunächst. Dabei ist der englische Sprachgebrauch differenzierter:  Man spricht in diesem Fall von „puppets“ und nicht von „dolls“. ISLE OF DOGS – ATARIS REISE ist für mich umso mehr ein typischer Wes Anderson-Film gerade auch in seiner Verwendung der Stop-Motion-Technik. Auch sonst findet man seine üblichen Themen auch in diesem Film wieder: lineare Kamerafahrten, seine Art der symmetrischen Bilder etc. Dazu kommt eine Faszination für die japanische Kultur der 50er und 60er Jahre und offen dargestellte Referenzen an Künstler wie Hokusai oder Filmemacher wie Kurosawa, Miyazaki.

Wie viele kreative Freiheiten hatten Sie im Findungsprozess? Schlagen Sie diverse Modelle vor? Oder hat Wes Anderson ganz klare Vorstellungen?

Es ist eine Mischung aus all dem. Wes hat natürlich klare Vorstellungen, die er im Vorhinein mit Skizzen und Zeichnungen in der Zusammenarbeit mit seinen Production Designern und dem dazugehörigem Art Department sowie den Storyboardern entwickelt. Wenn das bei mir ankommt, gibt es doch ein unglaubliches Vertrauen in die kreative Umsetzung und Interpretation dieser Ideen. Auch habe ich jeden Abend Bilder unseres „work in progress“ geschickt um sicher zu stellen, dass wir in die gewünschte Richtung gehen.

In wie weit geht’s bei Ihrer Arbeit um die Liebe zum Detail?

Es sind die Details, die die ganze Arbeit glaubhaft machen. Man muss immer daran denken, dass das Ergebnis dafür da ist, dass es in dem Film gut aussieht und dass es keine Modelle sind, die einem Publikum in einer Ausstellung gezeigt werden – selbst wenn es in diesem Fall später doch noch so gemacht wurde und die ursprünglich nicht für eine Ausstellung vorgesehenen Modelle in London und Paris doch noch gezeigt wurden.

Wie gefällt Ihnen der fertige Film mit Ihren Modellen?

Ich bin sehr positiv angetan vom Film. Es ist aber immer schwierig, selbst über so etwas zu urteilen, nachdem man sich fast zwei Jahre damit beschäftigt hat und auf einmal das Ergebnis in 90-minütiger Fassung sieht. Es ist schön festzustellen, dass unser Teil der Arbeit so präsent ist und wirklich gut seinen Zweck erfüllt. Ich denke aber, ich würde ihn auch gut finden, selbst wenn ich nicht daran gearbeitet hätte; es ist einfach ein Schmuckstück im Vergleich zu Vielem, was man sonst im Kino angeboten bekommt.

Vielen Dank, Simon Weisse, für das Gespräch!

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