Darum geht’s in BONES AND ALL
BONES AND ALL erzählt die Geschichte der ersten Liebe zwischen Maren (Taylor Russell), einer jungen Frau und dem Außenseiter Lee (Timothée Chalamet).
Gemeinsam begeben sie sich auf eine tausend Meilen lange Odyssee auf Schleichwegen, versteckten Durchgängen und Hintertüren im Amerika der Reagan-Ära.
Hier kommt der Trailer…
Hier nun unsere Filmkritik BONES AND ALL:
Der gleichnamige Film basiert auf dem, mit dem „Alex Award“ ausgezeichneten Young Adult Roman, BONES AND ALL, von Camille DeAngelis aus dem Jahr 2015, den ich vorab nicht gelesen habe.
Trigger Warnung:
Der Titel BONES AND ALL bezieht sich auf die „höchste Stufe des Kannibalismus“, bei der alles gegessen wird, einschließlich der Knochen.
Ja, ihr habt richtig gelesen, es geht um Kannibalismus… auch.
Der fungiert hier allerdings eher als Metapher für die universell gültige, jugendliche Erkenntnis: Ich bin anders.
Doch bevor wir dazu kommen, wird’s erst einmal romantisch.
Die erste Liebe zweier Außenseiter, die gemeinsam durch die USA reisen, rastlos auf der Suche nach sich selbst, gefangen im seltsamen Ringen um die eigene Identität.
Sie, mit zögerlichem Schrecken erahnend, das da, das bin ich, das geht nicht mehr weg, das bleibt.
Er, bereits abgeklärter ins „Ich“ schauend, im Umgang mit den Konsequenzen routinierter, jedoch mit den gleichen suchenden Fragen nach Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.
Beide müssen, aufgrund einer seit ihrer Geburt vorhandenen, unheilbaren, genetischen Veränderung, Menschen essen.
Behutsam entsteht eine Verbindung, gleichsam brutal, wie zärtlich berührend.
Rekapituliere: Kannibalen, erste Liebe, Sehnsucht, Gewalt, Sex, Road Movie, Blut.
Yep, ganz schön kruder Brocken, werdet ihr jetzt denken.
Stimmt.
Allerdings ist die sensible Art, diese bizarre Geschichte zweier Liebenden zu erzählen, ohne dabei in moralische Bewertungsschemen zu verfallen, so verstörend wie anziehend und von morbider Schönheit.
Womit wir beim Paradox der Hässlichkeit sind.
Das Phänomen, zuerst beschrieben vom Philosophen Nelson Goodman, dass Gegenstände und Kunstwerke, die nach üblichen ästhetischen Maßstäben als „unschön“ empfunden werden müssten, durchaus einen ästhetischen Reiz ausüben können.
Freud erklärte die Faszination des Hässlichen damit, dass das Hässliche den Menschen aus der gewohnten Welt herausreißt und in eine dem Schönen entgegengesetzte bringt.
Und genau dieses diffizile Spagat gelingt Regisseur Luca Guadagnino (Call me by your name) mit Bravour.
Die modernen Landschaftsaufnahmen und der perfekt ausgewählte Soundtrack fungieren dabei als Vehikel für längst vergangene Gefühle, die wie Echoes immer noch verweilen.
Getragen wird diese ungewöhnliche Geschichte von einem exzellenten Schauspiel Ensemble, das mit sehr viel Liebe und Feingefühl die Rollen ausfüllt.
In den Nebenrollen, bis ins Mark verstörend, Mark Rylance (Sully) und Michael Stuhlbarg (Jake).
Fazit: Es liegt Schönheit im Hässlichen.
Für Menschen, die Gewalt und Blut nicht sehen können, ist der Film nichts.
Für alle anderen: Kraftvolles Drama mit Horror Versatzstücken, voller Zeitgeist und Feingefühl.
Ihn zu verpassen wäre ein Verlust, denn es ist einer der besten Filme des Jahres.
10/10 Goldblums
Ab Donnerstag, 24.11.2022 im Kino
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