Im Berliner ReProdukt Verlag erschien kürzlich Charles Burns‘ neuestes Werk Daidalos. Wer auf starke Zeichnungen und 80er Jahre Horror-Flair steht ist hier richtig aufgehoben. Die Young-Adult Komponente kommt (für mich) zunächst überraschend um die Ecke…
Zum Inhalt von DAIDALOS
Brian Milner ist ein hervorragender Zeichner und talentierter Filmemacher: Die surreale und verfremdete Realität seiner Tagträume, in denen er sich häufig verliert, fängt er in Bildern ein, die eine besondere Sogkraft entwickeln… Seine häufige geistige Abwesenheit bringt ihm in seinem Freundeskreis den Ruf als Sonderling ein. Als die anziehende Laurie in sein Leben tritt, der sein Freund Jimmy eine Hauptrolle in ihrem nächsten gemeinsam produzierten Filmprojekt zugedacht hat, weiß er nicht, wie er ihr begegnen soll…
In “Daidalos” werden Träume zu Inspirationsquellen für die Fiktion – und Kamera oder Bleistift zum Werkzeug, die Brücke zwischen Imagination und Realität zu schlagen. Seiner eigenen Biografie so nah wie nie zuvor greift Charles Burns (“Black Hole”) hier Mittel der Psychoanalyse auf, um ein verschlüsseltes Abbild seiner eigenen Jugend zu zeichnen.
Meine Review
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich von Charles Burns zwar bereits gehört hatte, aber noch nie eins seiner Werke gelesen. Deswegen kann ich hier nicht mit Vorkenntnissen punkten. Was hat mich also zu diesem Comic gezogen? Es war einzig der Zeichenstil. Dieser sowie die Vorschau-Bilder die ich sah erinnern mich schwer an meine Jugend-Comic Liebe: Junji Itō. Der Zeichner hinter Klassikern wie Uzumaki und Tomie.
Jedoch: Daidalos ist anders. Der zunächst angedeutete Horror ist da – doch vergleichbar mit Buffy, ist der Horror letztlich nur eine Metapher für die Hölle der Jugend. Dabei verarbeitet Burns seine eigene Jugend als aufstrebender Künstler. Der Akt des Kunstschaffens und der surreale Sog den die Kunst dabei auf den Künstler entwickelt stellen dabei die Schwelle in eine abgedrehte Welt voller Dysmorphophobie und Alienartigen Begegnungen.
Der Protagonist, Brian, ist schüchtern und introvertiert. Doch als junger Filmemacher wird er mit Aufmerksamkeit und neuen Kontakten konfrontiert. Durch die Freundschaft mit Laurie verarbeitet er natürlich auch aufkeimende Sexualität in seinen neuen Zeichnungen. Doch Laurie sieht diese. Wie reagiert sie und wohin führt diese Beziehung?
Viel erfahren wir in Daidalos Band 1 noch nicht. Es ist der Anfang einer mehrteiligen Reihe und setzt daher nur den Grundstein. Man darf gespannt sein wie es weiter geht. Fans von Horror dürfen sich von den Zeichnungen klar angesprochen fühlen – jedoch keinen Horror-Comic per se erwarten. Daidalos ist deutlich mehr coming-off age als Horror!
Dafür und für einen großartigen, ausgereiften Zeichenstil gebe ich 7 von 10 Punkten (mir hätte etwas mehr Plot-Entwicklung in Band 1 gefallen).
Bildrechte: © Charles Burns / Reprodukt-Verlag