Longlegs © DCM

1 Film, 2 Meinungen: Longlegs

Es soll der gruseligste Horrorfilm des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts sein. Longlegs, wurde auf Filmfestivals in höchsten Tönen gelobt. Das neue „Schweigen der Lämmer“ – der Horrorfilm unserer Generation. Doch hat der Indie-Film, das, was es braucht, um uns so wirklich das Gruseln zu lehren? Aki und ich haben ihn uns zusammen angeschaut und sagen … nun ja … jein.

Darum geht es in Longlegs

Ein Serienkiller, eine begabte FBI-Agentin, eine Suche nach der Wahrheit. Der Serienmörder Longlegs ermordet gefühlt willkürlich Familien. Die einzige Gemeinsamkeit dieser: die Tochter hat jeweils am 14. eines Monats Geburtstag. Am Tatort findet man immer einen kodierten Brief. Sonst gibt es praktisch keine Spuren. Als die junge Agentin Lee Harker dem Fall zugeteilt wird, scheint endlich Licht ins Dunkel zu kommen. Sie kommt Longlegs schnell nahe, näher als ihr vermutlich lieb ist.

Das sagt Aki zu Longlegs

Es heißt, Longlegs sei der gruseligste Film des Jahrzehnts … das wollte ich mir nun wirklich nicht entgehen lassen, zumal der Trailer mich schon sehr abgeholt hat. Irgendein satanischer Serienkiller, der von der Polizei à la Schweigen der Lämmer gejagt wird? Hell yeah!

Man muss sagen, dass Longlegs vorher schon ordentlich die Marketingmaschine angeworfen hat. Mit einem Trailer ohne Titel und später einer kryptischen Internetseite namens thebirthdaymurders.net wurde schon vorher versucht, die Atmosphäre des Films nach außen zu tragen und Leute neugierig zu machen. Mit Erfolg! Denn in Nordamerika klingelten schon am ersten Wochenende mit 22,6 Mio. Dollar die Kassen und der Hype endet nicht. Erst recht nicht, seitdem nebenbei gedroppt wurde, dass Kultschauspieler Nicolas Cage eine Rolle übernommen hat. Wer oder was er spielt? Das wurde streng geheim gehalten. Alles wurde sehr geheimnisvoll gehalten. Genau richtig für den, wie man sagt, gruseligsten Film des Jahrzehnts. Ob ich an schlaflosen Nächten litt, erfahrt ihr jetzt.

Begeistert von dem Anfang, saß ich vor dem Bildschirm. Mit einem Zitat der Band T-Rex, quadratischem Filmformat und dem kurzen, aber sehr erschütternden Zusammentreffen eines kleinen Mädchens und dem sogenannten Longlegs wurde schon einiges in mir ausgelöst. Technisch gesehen hat der Film die klaustrophobische Atmosphäre aufgebaut, die er erzeugen wollte. Die Kameraführung war mal beengend, detailreich, mal super weitwinklig, fast schon wie ein Fisheye, das Licht dumpf. Jump Scares gibt es kaum. Hier wurde nur auf das Feeling gesetzt.

Höher, schneller, weiter

Die Story allerdings hat mich nicht überzeugt. Je mehr ich gesehen habe, desto enttäuschter wurde ich. Der Grundgedanke des Films hat unglaubliches Potenzial, dennoch wurde sich leider in zu vielen Strängen verloren, die nicht zu Ende gebracht wurden. Höher, schneller, weiter war hier wohl das Thema. Weniger wäre aber definitiv effektiver gewesen.

Zumal man mit vielen Fragezeichen zurückgelassen wurde. Warum der 14. jedes Monats? Weshalb nur Mädchen? Warum Puppen? Was wird damit bezweckt? Und was soll dieser kryptische Test mit der Ermittlerin mir sagen? Man weiß es nicht … Die Maske des Longlegs hat mich auch sehr an den trashigen Film White Chicks erinnert, was zusätzlich die Stimmung beeinflusste. Schauspielerisch wirkte vieles hölzern, sodass Longlegs das andere extrem einnahm.

Was mich persönlich sehr in Filmen aufregt, sind Polizisten, die ihre Arbeit nicht ordentlich machen, um die Story voranzubringen. Ist das nötig? Überhaupt wurde das Katz-und-Maus-Spiel nicht deutlich. Die Beweise flogen der Protagonisten zu, interessante Einbahnstraßen gab es nicht.

Akis Fazit

Ich weiß, wo der Film hin will. Geschafft hat er es mit mir leider nicht. Obwohl mich die Promotion sehr begeistert hat, gute Werbung ist dennoch nicht alles. Wer einen mittelmäßigen Indie-Horrorfilm sehen möchte, der statt Jump Scares auf Atmosphäre setzt, kann sich Longlegs ansehen. Auf den gruseligsten Film des Jahrzehnts warte ich noch immer.

Ich gebe deshalb 5 von 10 Punkten!

Der deutlich interessantere Horrorstreifen in diesem Jahr ist meiner Meinung nach immer noch Late Night with the Devil. Die review dazu könnt ihr hier nachlesen.

Und das sagt Ricarda zu Longlegs

Also grundsätzlich muss man erstmal anmerken, dass meine Messlatte für US-Horrorfilme SEHR niedrig ist. Die letzten Jahre brachten, zumindest im Mainstream-Bereich, meist nur die immer wieder gleichen lahmen Jump-Scares – oder maximal blutiges Gemetzel. Eine wirklich gruselige Atmosphäre, wie es beispielsweise Filme aus Japan oder Korea kreieren? Fehlanzeige. Aber der Trailer sah vielversprechend aus. Nicolas Cage könnte mir an sich egaler nicht sein. Seine Anwesenheit ist für mich daher weder Plus- noch Minuspunkt an der Stelle. Ich finde es dennoch einen guten Schritt, ihn aus der Vermarktung rausgehalten zu haben. So konnte der Film auch zunächst ohne den vermeintlichen Personenkult seinen Platz finden.

Umso bedauerlicher finde ich es, dass man jedwedes Mysterium um Cage sowie Longlegs binnen weniger Minuten des Films ad acta legte. Der Film startet, und dir wird direkt klargemacht: Cage ist da, und er ist der Killer. Ich hätte etwas mehr Mysterium um diese Rollenverteilung wirklich begrüßt. Aber wie Aki schon sagt: hier passiert sehr viel, irgendwo musste man Abstriche machen. Auch wenn ich finde, dass diese an den falschen Stellen passierten.

So kann man zwar uneingeschränkt sagen, dass die Bildkomposition und Atmosphäre des ganzen wirklich fantastisch ist – der Plot aber wirklich maximal Mittelmaß. Aber hey: es sieht immerhin fantastisch aus!

Tell, don’t show.

Wo es bei den meisten Filmen Gesetz ist, Dinge zu zeigen, anstatt sich in Exposition-Monologen zu verstricken, gilt bei Horror oft: je weniger vom Grauen man wirklich sieht, umso besser KANN es sein (sofern die Atmosphäre stimmt!). Der wahre Horror liegt nicht in detaillierter Eingeweide-Darstellung. Viel mehr will ich gruselige (Wort)fetzen, dunkle Räume, seltsame Geräusche, eine Ahnung. Ja… aber halt hin und wieder auch mehr als nur eine Ahnung. Denn zumindest schlüssig sollte der Plot schon sein.

SPOILERWARNUNG

Aber bei Longlegs sind soooo viele offene Fragezeichen. Wenn Longlegs mit dem Fall um Lee seinen Stil erst so ausbaute – wie hat er dann DAVOR gearbeitet? Wenn du als FBI Agent eine Mordserie um Mädchen mit Geburtstag am 14. eines Monats bearbeitest … und deine eigene Tochter hat an einem 14. Geburtstag … WARUM kümmerst du dich nicht um die Sicherheit deiner Familie???? Wieso findest du das, und dass die Agentin AUCH an einem 14. Geburtstag hat nicht seltsam? Warum wird diese Agentin überhaupt zugelassen, obwohl ihr offensichtlich wisst, dass sie irgendwie eine persönliche Verbindung zum Fall hat?

Als Aki und ich den Film sahen, dachten wir noch „ok, das sind die 80er, da war das noch anders bei den Ermittlungen…“ Aber der Film spielt in den 90ern. Und nicht alles lässt auch „damals“ schieben. Manche Sachen haben einfach etwas mir Hirnschmalz zu tun. Und den sollten FBI-Agent:innen eigentlich haben.

Ricardas Fazit

Die Messlatte mag tief sein. Aber beeindruckt bin ich leider trotzdem nicht. Ja, nette Atmosphäre. Ein, zwei gruselige Szenen waren da, als Lee in ihrer ultimativ klischeemäßigen Blockhütte im Wald saß. Aber darüber hinaus konnte mich der Film nicht vor Terror wach halten. Dabei war da deutlich mehr Potenzial da. 

Alles in allem reichts auch bei mir nur für 6 von 10 Punkten!

Bildrechte: Longlegs © DCM

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert